Probleme mit Altsystemen, auf dem Bild ein sehr alter, historischer PC

Unternehmen kämpfen mit Altsystemen

12.01.2016 | 14:45 | Wolfgang Drucker (Wirtschaftsblatt)

Selbst entwickelte IT-Systeme sind den aktuellen Herausforderungen in vielen Fällen nicht mehr gewachsen. Einen Ausweg versprechen laut Experten bimodale Lösungen.

Wien. Auf den ersten Blick sind es kuriose Einzelfälle: Eine große Versicherung, der in den nächsten Jahren die Polizzennummern ausgehen, weil der statische Speicher des Computersystems nicht so leicht aufgestockt werden kann. Oder ein Betrieb, dessen elektronische Türen nach einem Fehler im Altsystemen nicht mehr funktionierten. Und doch steckt mehr dahinter als reiner Zufall, sagt Roland Strahlhofer, Mitglied der Geschäftsleitung des Wiener IT-Unternehmens Qualysoft.

Zu viele Unternehmen setzen auf veraltete Computersysteme. “Insbesondere im Finanzumfeld gibt es sehr viel zu tun”, sagt Strahlhofer: “Jede heimische Bank hat ein Kernsystem, das noch auf Großrechnertechnologie basiert.” Über Jahrzehnte hinweg haben sich diese Unternehmen eigene Softwarelösungen gebastelt.

Nun aber stehen die früheren Vorreiter vor enormen Problemen. Denn den neuen Herausforderungen des digitalen Wandels sind diese Systeme längst nicht mehr gewachsen. Schnelle Anpassungen sind hier kaum möglich, gerade diese sind im Umfeld neuer digitaler Konkurrenten wie Google, Apple und Konsorten aber gefordert. “Die Weiterentwicklung dieser alten Systeme ist nicht vorangetrieben worden”, sagt Strahlhofer, und nun gibt es auch kaum noch Techniker, die sich in diesen System zurechtfinden.

Neue Systeme gefordert

Geht es nach Strahlhofer, dann können sich Unternehmen vor allem mit einer sogenannten bimodalen IT für die neuen Herausforderungen rüsten. Diese Systeme bestehen zum Teil aus sicheren und stabilen Kernsystemen mit offenen Schnitstellen. Um aber rasch reagieren zu können, setzt das System in einem zweiten Modus gleichzeitig auf schlanke und agile Applikationen.

Eine Herausforderung allerdings steht den Unternehmen, auch wenn sie sich für ein System entscheiden, noch bevor: Die Migration der Programme wird dabei zu einer langwierigen und kostenintensiven Angelegenheit. “Die Durchlaufzeiten der Projekte betragen oft ein bis drei Jahre”, sagt Strahlhofer. Programme werden evaluiert und ausgiebig getestet, das brauche seine Zeit. Die Kosten dafür bewegen sich ganz nach Aufwand zwischen einer Million € und den zweistelligen Millionenbereich. “In den USA ist die Konvertierung in neue IT-Systeme bereits ein riesiges Thema. Jetzt merken wir auch in der DACH-Region Bewegung”, sagt Strahlhofer.

Mehr Standardisierung

Auf eine Art bimodale IT setzt auch der deutsche Softwarekonzern SAP. “Die Digitalisierung kann nur funktionieren, wenn ein Unternehmen in allen Bereichen zusammenarbeitet”, sagt SAP-Österreich Geschäftsführer Klaus Sickinger. Und dazu sei es nötig, IT-Systeme zu vereinfachen und Silos aufzubrechen. Sickinger spricht von Standardisierung. Unternehmen behalten IT-Systeme mit schlangen und standardisierten Programmkernen. Und Applikationen werden nicht mehr ins System programmiert, sondern können über die Hana-Cloud-Plattform – als zweiten Modus – schnell integriert werden.

Bei dem Baumaschinenhersteller Wacker Neuson beispielsweise setze man breits voll auf standardisierte Programme, sagt Wacker-Neuson-CIO Anton Müchler. Im Unternehemen gebe es keine Individualsoftware. Es sei zwar schwer, die Auswirkungen mit Zahlen zu belegen: Schließlich gehe es vorrangig nicht um messbare Kosten, sondern um Schattenkosten, die verhindert werden, sagt Müchler. Der Weg sei dennoch richtig: Das Unternehmen kann sich so nämlich schneller an neue Gegebnheiten anpassen: “Bei Updates tut man sich so viel leichter.”

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